In diesem Jahr wird es zwanzig, das Kundenbindungsprogramm der Lufthansa Miles & More. Groß ist es geworden. Über 21 Millionen Teilnehmer gehören heute dazu; auf ihren Konten befinden sich derzeit 201 Milliarden gesammelte Meilen.
Kundenverwirrung statt Kundenbindung
Die Größe des Systems zieht eine entsprechende Komplexität nach sich. Die Teilnehmer können Prämienmeilen, Statusmeilen und HON-Circle-Meilen sammeln, die sich aus Buchungsklassen, Flugstrecken und Fluglinien ergeben. Oder schlicht und einfach beim Abschluss einer Versicherung oder eines Mobilfunkvertrages, beim Online-Shopping oder beim Bezahlen mit der Kreditkarte.
Die gesammelten Meilen wiederum lassen sich eintauschen gegen Flüge, Upgrades oder Hotelübernachtungen, gegen Greenfees, Sockenabos oder Opernkarten. Über 330 Partner haben sich dem Programm mittlerweile angeschlossen und bilden ein riesiges System aus Meilensammelstellen und Meileneinlösestellen.
Alternativ können sich Teilnehmer über die Statusmeilen besonderen Service erfliegen. Je nach Höhe der gesammelten Meilen werden aus normalen Fluggästen Frequent Travellers, Senators oder HON-Circle-Members, die dank ihres Status bestimmte Leistungen in Anspruch nehmen können. Hier wird deutlich: Das System ist derartig komplex, dass es kaum zu durchblicken ist. Schon gar nicht für den Fluggast, der aus dem Buchen von Flügen keine Wissenschaft machen will, wie es einige Meilenfanatiker mittlerweile tun.
Ebenso komplex wie das System sind auch die Auswirkungen: Das Meilensammeln beschäftigt seit Jahren die Gerichte, den Bundestag, das Bundesfinanzministerium und die Lufthansa-Aktionäre. Und es ist teuer: 21 Millionen Teilnehmer wollen verwaltet werden, 201 Milliarden Meilen wollen irgendwann eingetauscht werden. Und trotzdem wird es geliebt, von den Statuskunden ganz besonders.
Die neue Strategie: Preiskampf statt Kundenwunsch
Fakt ist, dass etwa ein Drittel aller Fluggäste ab Deutschland mittlerweile den Billigflieger nutzt. Mit 79 Millionen Passagieren hat sich Ryanair unter den Fluggesellschaften Europas bereits den ersten Platz gesichert, Easyjet & Co. folgen. Fakt ist auch: Die Passagiersparte der Lufthansa ist nicht mehr lukrativ; das Unternehmen steht enorm unter Druck. 1,5 Milliarden Euro will Konzernchef Franz bis Ende 2014 sparen. Unter dem Namen „Score“ wird das Sparen bei der Lufthansa also zum internen Wettbewerb.
Jüngste und für den Kunden wohl gravierendste Veränderung ist die Etablierung der „neuen“ Germanwings, die zukünftig sämtliche Lufthansaflüge von Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln und Stuttgart übernehmen wird. Die Lufthansa selbst fliegt nur noch von München und Frankfurt. Diese Maßnahmen haben drastische Folgen – nicht nur für die angestellten Lufthanseaten, sondern auch für die Fluggäste. Mit der Verlagerung des Inlands- und Europageschäfts auf die bislang als komfortbefreiter Billigflieger wahrgenommene Germanwings ist ein Sturm der Entrüstung vor allem unter Vielfliegern ausgebrochen.